14/04/15 ZUM TONLE SAP

Einen Nachmittag bin ich südlich aus Siem Reap herausgefahren, immer flussabwärts, zum Tonle Sap, einem riesigen See, der nur 15 km von der Stadt entfernt liegt.
Die Sonne stand schon tief und legte sich mit ihren warmen Farben und dem flirrend glitzernden Licht über die Szenen eines ausklingenden Tages, in die ich für den Bruchteil einer Sekunde eintauchte, ehe sie im selben Moment schon wieder an mir vorbeigezogen, hinter mir zurückgefallen waren.
Ich frage mich immer, ob es das Licht ist, das dieser Tageszeit diese ganz besondere, magische Stimmung verleiht, oder ob es die Tageszeit selbst ist, aus sich heraus, das beruhigte Loslassen nach den unwichtigen Anstrengungen der letzten Stunden, das lang ersehnte Zurücklehnen, das Einsetzen einer erleichterten Friedlichkeit. Oder ob nicht vielleicht beides untrennbar miteinander verknüpft ist. Die Menschen schienen zumindest ausgelassen, sie lachten, scherzten, bewegten sich unbedacht und frei, die Gesichter entspannt, die Haare gelockert. Allerdings auch nicht alle. Je weiter es hinaus aus der Stadt ging, desto öfter huschte hin und wieder ein Gesicht eines Erwachsenen in mein Blickfeld, verkniffen und zusammengezogen wie von einer unsichtbaren Klammer, als würden die Sorgen zu unablässig an den Gedanken zerren, um dem Zauber dieser Stunden Einlass zu gewähren.
Denn mit jedem Kilometer, der aus Siem Reap herausführte, veränderte sich auch die Umgebung mit, in einem flüssigen Verlauf von städtisch bis hin zu komplett ländlich und verarmt. Erst schrumpfte die Anzahl größerer Gebäude, dann die der Kleineren. Zu ihnen gesellten sich immer mehr Holz- und Wellblechhütten, chaotisch zusammengebastelt, auf klapprigen Stelzen, bis auch deren Dichte abnahm - und irgendwann säumte die Straße bloß noch eine lückenhafte Reihe von Hüttchen, dahinter nichts außer unendlich weiten Feldern und ein paar dahingestreuten Palmen. Die Straße selbst, anfangs noch asphaltiert und geradlinig, uferte aus in einen holprigen, Staub aufwälzenden Schotterweg.
Am Ende der Fahrt erwartete mich ein ausgetrocknetes Hafenbecken, das in den See übergeht, gelegen an einer absurd breiten, aufgeschütteten Straße, flankiert von einer Hand voll typischer Imbisshütten, in denen vereinzelte Kambodschaner auf einem flackernden Fernsehbildschirm irgendein Fußballspiel verfolgten. Und diese Kinder, lachend, scherzend, unbedacht und frei wie fast alle im Licht der untergehenden Sonne.





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